Links von uns wohnt eine dreiköpfige Familie, die Mutter kommt aus Polen. Rechts lebt ein Ehepaar, die Beiden sind so ganz und gar von “hier” (seit über 80 Jahren) und daneben eine türkische Großfamilie. Dazwischen wir, rheinische Einwanderer ins Ruhrgebiet. Was wir alle sind: Nachbarn. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Nachbarn, die am Gartenzaun ein Bier miteinander trinken oder das Paket des anderen entgegen nehmen.
“Ich hatte gehofft, das wäre überwunden”, sagt der deutsche Nationalspieler Jeromé Boateng zu der Vermutung vom AfD-Vorsitzenden Alexander Gauland, dass man ihn wohl kaum als Nachbarn haben wolle.
Nachbar, was für ein schönes und schon sehr altes deutsches Wort. Ein “naher Mitbewohner”, so die aus dem Germanischen stammende Bedeutung. Nachbarn kann man sich selten aussuchen. Sie waren schon vor einem da oder kommen erst, wenn man selbst schon sesshaft geworden ist. So auch in der kleinen Reihenhaus-Siedlung, in der ich wohne. Nachbar – da bin ich ganz schnell beim “Nächsten”. Tür an Tür – was könnte näher sein? Weiter weg von “Liebe deinen Nächsten wie Dich selbst” kann eine Haltung ja gar nicht sein, als die von Herrn Gauland. “Den will ich nicht neben mir haben” ist nichts anderes als die selbstbestimmte Vorauswahl: Der passt mir nicht als Nachbar, als Mitbürger, als Mensch.
Die Organisatoren des Katholikentages haben beschlossen, erst gar nicht mit der AfD zu diskutieren. Was sollte man besprechen, wenn man in so grundlegenden Werten nicht konform ist? Aber unser Widerspruch gegen Grundwerte unserer Kultur und unseres Glaubens muss auch im direkten Gespräch gesagt werden, nicht nur in Verlautbarungen. Ansonsten halte ich es da eher mit Boateng. Er bedankte sich bei allen, die in den breiten Widerspruch einstimmten: “Das ist sehr wichtig, nicht nur für mich, sondern auch für unser Land. Aber jetzt ist das Thema für mich gegessen.” Er muss sich nämlich auf die EM konzentrieren, und ich gucke ihm dabei zu und fiebere mit – mit meinen Nachbarn!
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Fast ein Jahr ist dieser Beitrag von Herrn Schneider alt. Und? Hat sich was geändert in diesen Dingen? Leider nicht wirklich. Lasst uns dafür soirgen, DASS sich etwas zum Positiven tut!